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Der Lack ist ab bei der DFB-Elf

Verantwortlicher Autor: Dietmar Schwarz Kiew, 16.10.2020, 07:52 Uhr
Presse-Ressort von: Dietmar Schwarz Bericht 7642x gelesen

Kiew [ENA] Die Leistung der deutschen Fußballnationalmannschaft der Herren in Kiew am Abend des 11.10.2020 war so ernüchternd, dass kein Bild die aktuelle Verfassung der "Mannschaft" beschreiben könnte. Endlich sollte ein Sieg in der Nations League eingefahren werden und das auch noch in überzeugender Manier. Leider wurde daraus wieder einmal eine Zitterpartie, die dann, mit Ach und Krach, gerade eben noch so gewonnen wurde.

Dabei sollt doch an diesem Abend Alles wieder gut gemacht werden und die schwachen Spiele und Ergebnisse der letzten 12 Monate sollten der Vergangenheit angehören und endgültig in Vergessenheit geraten. Für dieses Ziel schien der Gegner, die Fußballnationalmannschaft der Ukraine, genau der Richtige zu sein. Hatte doch die französische Nationalmannschaft die Ukrainer zuletzt mit einem furiosen 7:1 Sieg sprichwörtlich vom Platz geschossen. Außerdem war der Großteil der Stammspieler wegen positiver Corona-Test-Ergebnisse aus dem Kader verbannt worden und es stand somit „nur“ eine B-Mannschaft der Ukrainer auf dem Platz. Alles war also vorbereitet für einen herausragenden Sieg der DFB-Elf.

Was dann aber folgte, war die pure Ernüchterung! Mit nur ganz wenigen Ausnahmen präsentierte sich die DFB-Elf ohne jegliches Selbstvertrauen. Jeder Spieler wollte den Ball so schnell wie möglich wieder los werden, um ja keinen Fehler zu begehen. Ein Abspielfehler reihte sich an den nächsten und so war es nur dem mangelnden Können der ukrainischen Spieler zu verdanken, dass die DFB-Elf nicht schon früh in einen Rückstand geriet. Die DFB-Elf fand überhaupt kein probates Mittel um die taktisch diszipliniert spielenden Ukrainer in Verlegenheit zu bringen, und so wurde das deutsche Spiel vornehmlich durch Quer- und Rückpässe bestimmt. Bis auf ganz wenige Ausnahmen war das, was die DFB-Elf anbot, eine mehr oder weniger trostlose Vorstellung.

So ist dann auch das glückliche 1:0 für die deutsche Mannschaft nur einer beherzten und energischen Einzelaktion zu verdanken. Der Abwehrspieler Antonio Rüdiger, eine der wenigen positiven Erscheinungen des Abends, schnappte sich mutig den Ball vor dem gegnerischen Strafraum, überlief zwei gegnerische Spieler und flankte den Ball flach und scharf von der rechten Strafraumgrenze vor das Tor, wo Matthias Ginter den Ball dann relativ ungehindert ins ukrainische Tor schießen konnte. Das war dann aber auch schon der Höhepunkt in der ersten Hälfte der Spielzeit.

Die zweite Halbzeit begann dann relativ verheißungsvoll. Durch einen kapitalen Fehler des ukrainischen Torwarts konnte Leon Goretzka nach nur vier Minuten den Ball per Kopf ins gegnerische Tor befördern. Wer nun glaubte, dass damit der Grundstein für eine fulminante zweite Spielhälfte der DFB-Elf gelegt worden wäre, wurde dann aber tief enttäuscht. Die DFB-Elf schaffte es auch weiterhin nicht die Ukrainer mit spielerischen Mitteln zu kontrollieren, sondern sah sich weiterhin ständigen und gefährlichen Kontern der ukrainischen Mannschaft ausgesetzt. Einen dieser Konter konnte Niklas Sühle nur durch ein Faulspiel im eigenen Strafraum unterbinden. Den fälligen Faulelfmeter verwandelte Ruslan Malinowskyi in der 76. Minute absolut sicher.

Nun begann das große Zittern bei der deutschen Mannschaft. Angriff auf Angriff der ukrainischen Mannschaft rollte auf das deutsche Tor zu und nur noch wenige konstruktive Entlastungsangriffe wollten gelingen. Als taktische Maßnahmen fiel dem deutschen Trainerstab kein anders Mittel mehr ein, als durch zwei Auswechselungen, in der 89. Minute und in der dritten Minute der Nachspielzeit, ein paar Sekunden Zeit zu gewinnen. Dabei muss man berücksichtigen, dass es sich beim Gegner nicht um eine Fußball-Großmacht handelte, sondern um einen zweitklassigen und ersatzgeschwächten Gegner!

Die Frage, ob an diesem Abend der Abgesang auf die aktuelle DFB-Elf und ihren Trainerstab eingeläutet wurde, darf nach so einem Abend und solch einer Leistung gestellt werden, zumal von Selbstkritik nichts zu spüren war, oder wie sonst ist Matthias Ginters Aussage "wir haben heute nicht die Sterne vom Himmel gespielt" zu bewerten? Mit Verlaub, aber die Sterne haben sich bei dieser Vorstellung schamhaft versteckt. Hält man beim DFB am "weiter so" fest, oder beginnt dort, nach zwei verlorenen Jahren seit der WM 2018, endlich ein Prozess des Nachdenkens und der Erneuerung? Dieser Frage muss sich der DFB mehr denn je stellen, wenn er nicht jeglichen Kredit bei den Anhängern der deutschen Fußballnationalmannschaft verspielen will.

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