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Pflegenotstand in Deutschland

Verantwortlicher Autor: D. Schwarz Berlin, 13.03.2022, 11:10 Uhr
Presse-Ressort von: Dietmar Schwarz Bericht 9033x gelesen

Berlin [ENA] Kaum ein Tag vergeht heute, ohne dass führende Politiker von einer Gefährdung oder gar einer Überlastung unseres Gesundheitssystems reden. Häufig wird dies dem Ausbruch der Corona Infektionen zugeschrieben. Fakt ist jedoch, dass dies die Situation, wenn überhaupt, nur verschärft hat, bzw. einen neuen Fokus auf den Zustand unseres Gesundheitssystems gerichtet hat. Wo liegen also die Ursachen für diesen Zustand?

Wer sich die Mühe macht und etwas recherchiert, wird sehr schnell in Erfahrung bringen, dass die Situation schon seit mindestens zehn bis fünfzehn Jahren äußerst angespannt ist. Jedes Jahr häuften sich in den klassischen Erkältungsmonaten die Meldungen und die Hilferufe unserer Krankenhäuser wegen drohender Überlastung. Dies geschah bereits lange, bevor wir mit COVID-19 in Berührung kamen. Dazu muss man sich nur die Schlagzeilen unserer führenden Medien der letzten Jahre ansehen, die jedes Jahr die bevorstehende Überlastung unseres Gesundheitssystems vermeldeten. Also kann dies nicht die alleinige Ursache unseres kränkelnden Gesundheitssystems sein. Nur, wenn die Ursache nicht das Corona-Virus ist, woher kommt dann dieser Notstand?

Die Ursachen dafür liegen in einem klassischen Politikversagen, dass seit vielen Jahren anhält. Durch die Politik der letzten Jahrzehnte wurden völlig falsche Anreize gesetzt, die dazu geführt haben, dass Gesundheit und Pflege heute als Güter gelten, die möglichst profitorientiert vermarktet werden. Dies erklärt, weshalb privatfinanzierte Krankenhäuser und vor allem auch privatfinanzierte Pflegeheime für unsere Senioren förmlich aus dem Boden sprießen. Die Profite, die in den Pflegeheimen erwirtschaftet werden können, sind zu verlockend, um nicht in diese boomende Branche zu investieren, zumal die Löhne und Gehälter, die in dieser Branche bezahlt werden, lächerlich gering sind.

Damit beginnt ein Teufelskreis, den unsere Politiker, trotz großmundiger Versprechungen, nicht gewillt sind zu durchbrechen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an Angela Merkel, die einem mutigen Auszubildenden im öffentlich rechtlichen TV versprochen hat, sich persönlich des Pflegenotstands anzunehmen. Was aus diesem Versprechen (und aus vielen anderen Versprechen) geworden ist, kann jeder sehen, der auch sehen möchte. Der Beruf des Pflegers oder der Pflegerin ist schlichtweg unattraktiv. Die Bezahlung der ausgebildeten Fachkräfte ist, für die Leistungen die erbracht werden, beschämend schlecht. Die Arbeitszeiten sind durchsetzt mit vielen Wochenenddiensten und die Überstunden steigen ins unermessliche.

Unter diesen Gesichtspunkten ist nur allzu verständlich, dass sich immer weniger Menschen finden, die sich dem aussetzen möchten, obwohl die Hilfsbereitschaft dieser Menschen unglaublich groß ist. Von Idealismus und Beifall alleine kann kein Mensch leben. Wegen dieser Umstände entscheiden sich viele Menschen gegen einen Beruf in der Pflege. Dies hat für die verbleibenden Pflegekräfte die Folge, dass die Arbeitsbelastung noch weiter anwächst, was wiederum die Attraktivität eines Pflegeberufs deutlich herabsetzt. Dadurch erhöht sich der Druck auf diejenigen, die sich trotz Allem für einen Pflegeberuf entscheiden, was dann zu einer weiteren Herabsetzung der Attraktivität eines Pflegeberufs führt. Somit schließt sich der Kreis.

An diesem Punkt ist es höchste Zeit einzugreifen und diesen Teufelskreis zu stoppen. Es ist jetzt die dringend notwendige Pflicht unserer Politiker für die notwendigen Voraussetzungen und Arbeitsbedingungen in unserem Gesundheitssystem zu sorgen. Dies fängt mit einer angemessenen Bezahlung an, damit sich die Arbeit für die Pflegekräfte wieder lohnt, sich mehr Menschen für die Berufe in der Pflege entscheiden und sich damit eine Entspannung bei der Arbeitsbelastung ergibt. Es muss dafür gesorgt werden, dass unsere Pflegekräfte eine angemessene Bezahlung für Ihre Leistungen erhalten und auch über genügend Freizeit zur Regeneration verfügen. Nur so werden die Arbeitsplätze in der Pflege wieder an Attraktivität gewinnen.

Gleichzeitig muss die Frage gestellt werden inwieweit die Erhaltung der Gesundheit und eine menschliche Pflege profitabel sein müssen oder dürfen. Ist es tatsächlich vertretbar, dass Konzerne, die wie Industrieunternehmen geführt werden, am Leid und an der Not von kranken und pflegebedürftigen Menschen Profite erwirtschaften, ohne Sie an die Gesellschaft zurückzugeben? Alleine schon durch die Re-Investition der Gewinne in die Gehälter der Pflegekräfte könnte unser Gesundheitssystem um Milliarden entlastet werden. Dazu benötigen wir mutige Politiker, die diese, zugegebenermaßen schwierige, Herausforderung annehmen und sich der Profitgier der Unternehmen im Gesundheitswesen entgegen stellen. Das wäre doch schon ein hoffnungsvoller Anfang.

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